"Wo auch immer du bist, sei ganz da."
- Jim Elliot
Ganz da zu sein, gelingt mir in meiner Arbeit als Trauerbegleiterin.
Es fühlt sich an wie angekommen zu sein in meiner Berufung.
Aber das war ein Weg, mein Weg mit Hindernissen, Umwegen, Rätsel und vielen Fragen.
Auch heute hinterfrage ich immer wieder mein Leben. Doch langsam beginne ich diese Fragen wertzuschätzen.
..."Man muss Geduld habe mit dem ungelösten im Herzen, und versuchen die Fragen selbst lieb zu haben, wie verschlossene Stuben, und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind." ...
aus einem Brief von Rainer Maria Rilke "an einen jungen Dichter" (Franz Xaver Kappus)
Aufgewachsen bin ich mit meinen Geschwistern, Eltern und Großeltern im Taunus.
Schon früh kam ich mit dem Thema Sterblichkeit und dem Verlust nahestehender Familienmitglieder in Berührung. Der Weg auf den Friedhof war mir nicht fremd – und auch keineswegs unangenehm. Ich hatte Freude daran, die Gräber mit Blumen zu schmücken – auch die fremden Gräber, um die sich niemand mehr kümmerte.
Nach meiner Schulzeit erlernte ich im Westerwald den Beruf der Krankenpflegerin.
Ich lernte meinen damaligen Mann kennen, wir gründeten eine Familie und bekamen vier wunderbare Kinder, die heute alle erwachsen sind. Auch in dieser Zeit musste ich mich von mehreren Menschen verabschieden.
Der Tod meines Vaters war ein großer Einschnitt in meinem Leben.
Dann kam die Erkenntnis, dass mein Traum von einer glücklichen Partnerschaft gescheitert war. Die bevorstehende Trennung und all die damit verbundenen Veränderungen waren herausfordernd – und mit intensiver Trauerarbeit verbunden.
Zu dieser Zeit arbeitete ich als pädagogische Fachkraft an einer Förderschule. Diese Arbeit erfüllte mich sehr, und ich blieb dort insgesamt 17 Jahre.
Ich wollte dem Leben und der neuen Liebe wieder vertrauen – und bin nun seit 20 Jahren mit meinem heutigen Partner zusammen. Seit 2021 sind wir verheiratet.
Dankbar für mein Leben und die Erfahrungen, die ich machen durfte, engagierte ich mich von 2009 bis 2017 ehrenamtlich in der Telefonseelsorge.
Ich absolvierte eine Ausbildung zur ILP®-Coachin sowie zur ILP®-Kinder- und Jugend-Coachin und gründete 2015 meine Selbstständigkeit im Nebenerwerb.
Auch in dieser Zeit erlebte ich schmerzhafte Verluste und intensive Phasen der Trauer.
Besonders prägend war der Suizid meines Bruders.
2020 entschloss ich mich, mein Leben noch einmal gründlich zu hinterfragen:
Was hatte all das mit mir zu tun? Was sollte ich daraus lernen? Und wohin wollte ich eigentlich?
Ich machte eine Hospizausbildung und begleitete Menschen ehrenamtlich an ihrem Lebensende. Doch da fehlte mir noch ein Puzzlestein. Ich konnte gut bei den sterbenden Menschen sein – aber noch näher fühlte ich mich den Angehörigen.
Es war mein Herzensanliegen, ihnen einen bewussten, würdevollen Abschied zu ermöglichen – und sie anschließend in ihrer Trauer zu begleiten.
Ich absolvierte die sogenannte "kleine Trauerausbildung" und begann, Kontakte zu allen Menschen und Einrichtungen zu knüpfen, die sich mit Trauer beschäftigen.
So lernte ich AGUS e. V. kennen – einen Verein, der sich auf die Unterstützung von Angehörigen nach einem Suizid spezialisiert hat. 2020 gründete ich im Westerwald die Selbsthilfegruppe „Trauer nach Suizid“, die ich seither als ehrenamtliche Gruppenleiterin begleite.
Seit 2024 bin ich Teil des Referentinnen-Teams der „Vertrauen wagen“-Seminare von AGUS e. V.
Dann lernte ich die Fachberatungsstelle der Katharina Kasper-Stiftung kennen – und hatte die Chance, meine Begleitung auch beruflich fortzusetzen. Heute arbeite ich dort als psychosoziale Beraterin – rund um pränatale Diagnostik, zu erwartende Behinderungen und bei frühem Kindsverlust.
Besonders die Begleitung von Sternenkind-Eltern liegt mir sehr am Herzen. Diese Arbeit ist intensiv – aber auch unglaublich wertvoll. Ein bewusster und liebevoller Abschied von einem geliebten Wunschkind ist etwas, das ich mit ganzem Herzen unterstützen möchte.
Bei so viel Arbeit mit trauernden Menschen wurde mein Wunsch, die große Qualifikation in Trauerbegleitung zu absolvieren, immer stärker.
Von August 2024 bis Mai 2025 nahm ich an der Fortbildung „Große Basisqualifikation Trauerbegleitung“ nach den Richtlinien des
BVT e. V. bei Petra Sutor teil. Diese wunderbare Ausbildung bestärkte mich noch einmal darin:
Ich bin auf meinem Weg – auf meinem richtigen Weg.